Strompreis ungerechtfertigt erhöht!

Urteil gegen Verbund AG Wien könnte dafür sorgen, dass am Energiemarkt kein Stein auf dem anderen bleibt

Müssen sich Stromlieferanten an ihren Erzeugungskosten orientieren, oder dürfen sie den Strompreis in Bezug auf die Großhandelspreise erhöhen? Das Handelsgericht Wien (HG Wien) hat in einem erstinstanzlichen Urteil gegen den Verbund klar entschieden: Erzeugt ein Unternehmen selber Strom, dann muss der Preis in einem angemessenen Verhältnis zu den anfallenden Kosten stehen. Auch ein neues Gutachten des Innsbrucker Professors Dr. Alexander Schopper von der Uni Innsbruck stützt dieses Urteil, das der Verbund jetzt bekämpfen will. „Setzt sich die Rechtsansicht allerdings bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) durch, dürfte auf dem Strommarkt kein Stein auf dem anderen bleiben und hätte wohl auch für die Illwerke/VKW weitreichende Folgen“, sagt AK-Präsident Bernhard Heinzle.

Das Urteil des HG Wien hat es in sich: Getarnt als „Wertsicherungsklausel“ wollte sich der Verbund eine Grundlage für beabsichtigte Preiserhöhungen schaffen. „Nicht zulässig“ sagt das Gericht. Der Hintergrund: Für die Erhöhung des Strompreises im Mai 2022 hat der Verbund die Großhandelspreise an den Märkten herangezogen – für die gilt die viel zitierte „Merit Order. Der Verbund stellt aber den Großteil seines Stroms selbst her und wirbt mit „100 Prozent Wasserkraft“. Und hier haken die Richter ein: Eine Preiserhöhung sei nur dann und nur soweit zulässig, als sich die konkreten Kosten beim Anbieter tatsächlich erhöht haben. Wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Verhältnis die einzelnen Kostenarten zueinanderstehen. Heißt: Ein Anbieter, der nur einen geringen Teil seines Stromes an den teuersten Spotmärkten zukauft, darf seine Preise nur soweit erhöhen, wie sich dadurch seine gesamten Strombeschaffungskosten gesteigert haben. „Zudem muss der Konsument über die Kostenzusammensetzung transparent informiert werden“, unterstreicht der AK-Präsident. Der Anbieter muss seinen Kunden genau angeben, welche konkreten Kosten in welcher Höhe gestiegen sind und in welchem Verhältnis diese zu seinen Gesamtkosten stehen.

AK-Rechtsgutachten stützt Urteil
Gestützt wird das Urteil von einem aktuellen Rechtsgutachten, das von den Arbeiterkammern Tirol und Salzburg im Oktober 2022 in Auftrag gegeben wurde. In seiner Expertise ging Univ.-Prof. Dr. Alexander Schopper vom Institut für Unternehmensrecht an der Uni Innsbruck beispielsweise der Frage nach, ob ein Stromlieferant mit einem hohen Anteil an eigener Stromerzeugung durch Wasserkraft die gestiegenen Preise an den Spotmärkten für seine Preiserhöhungen heranziehen darf. Oder: Reicht es aus, dass ein Stromanbieter einen Kunden nur darüber informiert, dass sich der Strompreis deshalb erhöht, weil sich die Strompreise an den Börsen erhöht haben oder weil aufgrund des Ukraine-Krieges die Kosten gestiegen sind? Die Antwort ist klar und eindeutig: Nein, das ist rechtswidrig!

Weitreichende Konsequenzen
Setzt sich diese Rechtsmeinung durch, dann hätte das massive Auswirkungen auf alle Stromanbieter, die nicht nur Händler, sondern auch Produzenten sind. Kunden der Illwerke/VKW werden aktuell durch ein Schreiben über eine Änderung der Allgemeinen Lieferbedingungen und vor allem über die ab April stark steigenden Strompreise informiert. In der Begründung der Preiserhöhung wird allerdings vor allem auf den gestiegenen Börsenpreisindex verwiesen. Genau dies wurde vom HG Wien in Urteil gegen den Verbund aber als rechtwidrig eingestuft, weil das nicht der tatsächlichen Kostenstruktur entspreche.
„Die Illwerke/VKW ist gut beraten, sich die nun vorliegenden Umstände im Sinne der Rechtssicherheit genau anzusehen und die Angelegenheit ernst zu nehmen“, ist AK-Präsident Bernhard Heinzle überzeugt. Sollte das Urteil wie erwähnt bis zum OGH halten, würde am österreichischen Strommarkt wohl kein Stein auf dem anderen bleiben. Bereits durchgeführte und bis zu einer allfälligen rechtswirksamen Entscheidung der Gerichte zwischenzeitlich durchgeführte Preisänderungen könnten sich als rechtsunwirksam herausstellen und wären mitunter auch rückgängig zu machen. Mit einer Entscheidung ist in zirka einem Jahr zu rechnen.

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