Stimmung in der Industrie im Aufschwung

„Die Vorarlberger Industrie zeigt sich aktuell optimistisch, die Auftragsbestände und auch die Auslandsaufträge nehmen wieder an Fahrt auf. Auch wenn sich die Stimmung der Industrie zur Zeit im Aufschwung befindet, so beschäftigen uns die Auswirkungen der Pandemie weiterhin massiv: Die Rohstoffverfügbarkeit und -preise trüben den Blick bis ins nächste Jahr hinaus“, fasst Martin Ohneberg, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Vorarlberg, die momentane Lage in der Vorarlberger Industrie zusammen. Trotz der stark positiven Tendenzen sieht er Hemmnisse in der Produktionstätigkeit.

47 Vorarlberger Unternehmen mit über 27.000 Beschäftigten haben sich an der aktuellen Konjunkturumfrage der IV-Vorarlberg und der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer (WKV) im zweiten Quartal 2021 beteiligt. Das erste Mal gesondert ausgewertet wurden die Rückmeldungen der Verpackungsindustrie.
Der Geschäftsklimaindex der Vorarlberger Industrie – also der Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten – hat sich nach der Stagnation vom letzten Quartal gegenüber dem vorletzten Quartal nun deutlich verbessert. Er ist mit +44,50 Prozentpunkten auf das Niveau von zuletzt 2016 hochgeklettert.
Historisch betrachtet ist dieser starke und erfreuliche Anstieg nach einer Krise auf ein Höchstniveau nicht neu: bereits nach der Finanzkrise 2008 war eine ähnliche Tendenz erkennbar. Die Stimmung ist damit besser als auf Vorkrisen-Niveau und zeigt demnach eine Entspannung gegenüber den Verunsicherungen zu Beginn der Pandemie.
Ohneberg: „Das positive Bild aus der Industrie zeigt, dass es wieder bergauf geht. Nach den Einbrüchen vom Vorjahr gibt es jetzt wieder gut gefüllte Auftragsbücher. Die hervorragende Auftragssituation ist aber getrübt von Rohstoffverfügbarkeiten und stark steigenden Einkaufspreisen, was sich auch in der zurückhaltenden Erwartung der Produktionstätigkeit ausdrückt. Wir müssen alles dafür tun, dass auf das derzeitige Aufatmen keine Ernüchterung folgt.“ So zeigt sich konkret, dass trotz der steigenden Auftragsbestände, die über 80 Prozent der befragten Betriebe verzeichnen, nur 14 Prozent auch eine verbesserte Ertragssituation erwarten.
Die positive Entwicklung des Geschäftsklimas dürfe nicht überbewertet werden, so Ohneberg: „Es gibt klare Parallelen zur Finanzkrise im Jahr 2008, die sich auch mit unseren Zahlen belegen lassen. Dem dramatischen Abfall des Geschäftsklimas ist eine hervorragende Stimmung und eine positive Erwartungshaltung für die kommenden 6 Monate gefolgt. Kurz darauf kamen dann aber starke Einbrüche in der Geschäftslage.“

Gute Rahmenbedingungen für Industrie als Vorbereitung auf das, was noch kommt
Hinsichtlich der guten vorherrschenden Stimmung in den Betrieben brauche es laut Martin Ohneberg vor allem Zurückhaltung bei neuen Reglementierungen: „Die derzeitige wirtschaftliche Situation ist gut, kann sich aber schnell wieder ändern. Gerade im Hinblick auf den Herbst mit einer möglichen, weiteren Corona-Welle, aber auch der vorhandenen Rohstoffknappheit und einem spürbaren Mangel an Mitarbeitenden auf allen Qualifikationsstufen, haben Betriebe weiterhin zu kämpfen. Auch die massiven Einreisebeschränkungen in diverse asiatische Länder trüben eine nachhaltige positive Entwicklung am Wachstumsmarkt Asien. Daher sollte man die Betriebe einfach arbeiten lassen und nicht noch Steine in den Weg legen. Belastungsideen wie neue Steuern oder zusätzliche Hürden durch überbordende nationale und internationale Umweltauflagen sind nicht zielführend. Wir brauchen eine stabile Industrie mit sicheren Arbeitsplätzen, um unseren Wohlstand in Vorarlberg zu sichern.“
In dem Zusammenhang verweist Ohneberg nochmals darauf, dass die Vorarlberger Industrie mit 2,2 Milliarden Euro mehr an Steuern und Abgaben (sowohl auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene) abführt, als das Land Vorarlberg an jährlichem Budget – nämlich rund 1,9 Milliarden Euro – zur Verfügung hat.
Weiters wünscht sich Ohneberg, dass die Diskussionen bezüglich zukunftsträchtiger Investitionen in Infrastrukturprojekte sachlich und zielgerichtet geführt werden: „Der spürbare Gegenwind aus der Bundesregierung in Bezug auf wichtige Infrastrukturprojekte wie die Nachfolgelösung der S18 ist absolut unverständlich. Niemand hat etwas davon, wenn unsere hoch innovative und nachhaltigkeitsbewusste Industrie irgendwann nicht mehr wettbewerbsfähig ist.“
Auf landespolitischer Ebene appelliert Ohneberg daran, sich auf eine mögliche vierte Welle vorzubereiten. „Das Corona-Management in Vorarlberg war bisher vorbildlich, wir müssen aber die weiteren Entwicklungen mit großer Vorsicht beobachten und uns auf diese vorbereiten“, so Ohneberg. „Wir hatten lange einen Vorsprung in der Bewältigung der Pandemie. Wenn wir jetzt aber nichts tun, um die Impfbereitschaft drastisch zu erhöhen, verlieren wir die gewonnenen Lockerungen wieder. Die Politik muss hier entschiedener handeln,“ so Ohneberg weiter.

Die Branchenergebnisse im Detail
„Die in Vorarlberg dominierende Maschinen- und Metallindustrie ist ein wesentlicher Träger des erkennbaren Aufschwungs“, so Christian Zoll, der neue Geschäftsführer der IV-Vorarlberg. Für 90 Prozent sind Geschäftslage und Auftragsbestand derzeit gut, für 85 Prozent auch die aktuellen Auslandsaufträge. Skeptisch wird die Ertragssituation in 6 Monaten gesehen, 57 Prozent sehen diese als schlecht an und nur 6 Prozent als gut. Der Saldo der Einschätzung der Ertragssituation in 6 Monaten ist in diesem Quartal (-50) über 6 Mal schlechter als im letzten Quartal (-8).
„Die Rückmeldungen der Nahrungs- und Genussmittelindustrie zu Geschäftslage und Auftragsbestand aktuell zeichnen ein erfreuliches Bild, was größtenteils durch die Öffnungen in der Gastronomie und Hotellerie zurückzuführen ist“, fasst Zoll die Stimmung in dieser Branche zusammen. Für 91 Prozent ist hier jeweils die derzeitige Lage gut, ebenso bei den aktuellen Auslandsaufträgen mit 90 Prozent und bei der Geschäftslage in 6 Monaten mit 60 Prozent. Bei der Ertragssituation in 6 Monaten erwarten sich trotz steigender Auftragsbestände nur 3 Prozent auch bessere Ergebnisse, 97 Prozent gehen von durchschnittlichen Ergebnissen aus.
„Mäßig stabil ist die Lage in der Textilindustrie. Der Mitarbeiterstand wird fast einhellig als gleichbleibend eingeschätzt und ihre Ertragssituation als herausfordernd“, so Christian Zoll. Von 4 Prozent wird die aktuelle Geschäftslage als gut, von 93 Prozent als durchschnittlich und von 3 Prozent als schlecht beurteilt. Die Produktionstätigkeit und auch die Auslastung der Produktionskapazität in 3 Monaten wird von 51 Prozent als gut und von 49 Prozent als durchschnittlich gesehen. Die derzeitige Ertragssituation sehen 79 Prozent als durchschnittlich, 17 Prozent als schlecht und nur 4 Prozent als gut. Den Mitarbeiterstand in 3 Monaten sehen nur 3 Prozent als steigend, 97 Prozent als gleichbleibend.
„In der Elektro- und Elektronikindustrie ist die Stimmungslage aktuell eindeutig positiv – es ist dies die einzige Branche, die keine der Fragen unserer Umfrage negativ beantwortet hat“, so Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Vorarlberg. 63 Prozent sehen die aktuelle Geschäftslage als gut und 37 Prozent als durchschnittlich. Den aktuellen Auftragsbestand schätzt man bei 96 Prozent als gut ein. Die Entwicklung ihres Mitarbeiterstandes in 3 Monaten sehen 67 Prozent als gleichbleibend und 33 Prozent als steigend an, es werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Qualifikationsebenen dringend gesucht!
„Mit der Aufnahme des neuen Bereiches „Verpackungsindustrie“ ab dieser Konjunkturumfrage für das 2. Quartal 2021, gibt es eine zusätzliche, qualifizierte Vertiefung für ein detailliertes und repräsentatives Stimmungsbild in der Vorarlberger Industrie“. Hier finden sich laut Michael Amann namhafte Vorarlberger Unternehmen aus dem Bereich Verpackungen aus Papier, Karton sowie Kunststoff. 44 Prozent der Unternehmen dieser Branche sehen ihre aktuelle Geschäftslage als gut und 39 Prozent als schlecht an. 63 Prozent rechnen mit steigenden Verkaufspreisen in den nächsten 3 Monaten. Herausfordernd ist daher auch die Ertragssituation, knapp die Hälfte (47 Prozent) sehen sie aktuell als schlecht an.

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