Optisch völlig unauffällig steht der marathonblaue VW Käfer 1303 da. Dann aber: Plötzlich und ohne vorwarnende Geräuschentwicklung reißen sich die Hinterräder vom Asphalt los und drehen haltlos auf der Stelle, sodass sich die Reifen wild rotierend in grauen Rauch und kleine Gummikrümel auflösen. Was zum Teufel war denn das?! Der eine oder andere mag es schon ahnen: Im Heck des Käfers sitzt nicht etwa ein luftgekühlter Boxermotor, sondern ein Drehstrom-Asynchronantrieb – zu Deutsch „Elektromotor“. Was für Puristen zunächst wie ein Bruch mit der Tradition wirken mag, erweist sich bei einer Ausfahrt als eindrucksvolle Symbiose aus ikonischer Automobilkultur und State of the Art-Antriebstechnologie.

„Wir fahren heute im Standard-Modus. Das bedeutet eine auf rund 200 PS gedrosselte Leistung“, erklärt Rüdiger Knepper, der Inhaber von Knepper Bugs & More, als er uns die Schlüssel für seinen 1303 RS-E übergibt. „Was liegt denn bei Volldampf an?“, erkundigen wir uns zunächst etwas enttäuscht, dass wir nicht das volle Potenzial des 1303 RS-E zur Verfügung gestellt bekommen. Die knappe Antwort: „601 PS und 702 Nm, ohne Traktionskontrolle oder sowas“. Kurzes Schweigen. Dann setzt die Einsicht ein: Ok, wir fahren besser erstmal gedrosselt.
Praktisch lautlos rollen wir vom Hof des Unternehmenssitzes im nordrhein-westfälischen Rahden. Drückt man den rechten Fuß sachte gen Bodenblech, läuft der Knepper 1303 RS-E zunächst ganz zahm an. Gibt man allerdings mehr Gas – pardon: Strom – dann drückt es einen schon mit deutlich mehr Vehemenz in den Sitz, als man es vermutet hätte. Der optisch unauffällige Käfer beschleunigt schier linear – und zwar mehr wie ein Kampfjet auf dem Flugzeugträger-Katapult als wie ein Urlauber-Airbus auf der Flughafen-Startbahn. Nach wenigen Sekunden müssen wir den Versuch schon beenden, um die auf der Landstraße zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht fahrlässig zu überschreiten. Das ist mehr als beeindruckend! Zur Erinnerung: Wir fahren mit auf ein Drittel reduzierter Maximalleistung. „Die 601 PS sind aber auch wirklich nur für den Rennstrecken-Betrieb geeignet und erlaubt“, erklärt Rüdiger Knepper: „Auf der Straße sind wir mit maximal 200 TÜV-geprüft und legal unterwegs.“ Und ehrlich: Wer 200 Elektro-PS im Käfer erlebt hat, der weiß, warum 600 der Rennstrecke vorbehalten sind.
Die Basis des hochoffiziell Knepper 1303 RS-E genannten Fahrzeugs, denn in den Fahrzeugpapieren ist Knepper Bugs & More als Hersteller eingetragen, bildete ein 1975er VW 1303, den Rüdiger Knepper und sein Sohn René vor einigen Jahren auf einem Schrottplatz in Kalifornien entdeckten. Der Käfer war damals zwar vorne wie hinten zerbeult, substanziell jedoch in annehmbarem Zustand und bot sich damit als Basis für das RS-E-Projekt an. Dass im Zuge des Neuaufbaus keine Schraube ungedreht und kaum ein Technik-Bauteil serienmäßig blieb, liegt an dieser Stelle natürlich bereits auf der Hand.
Die Karosserie wurde mit Akribie, aber optisch möglichst seriennah restauriert und anschließend in hellem Marathonblau lackiert. Nur Kennern werden die etwas breiter bauenden Carbon-Kotflügel hinten auffallen. Dazu gibt es einen Carbon-Dachspoiler, welcher nicht nur einen optischen Akzent setzt, sondern auch aerodynamisch effizient ist und die Fahrt des Käfers bei hohem Tempo stabilisiert.
Unter dem Blech allerdings ist kaum mehr VW-Technik übrig geblieben: Die Aufhängung beispielsweise setzt sich nahezu komplett aus Porsche 944-Technik in Kombination mit Kerscher- sowie KW- und Bilstein-Parts zusammen. Auch die kraftvollen Bremsanlagen stammen weitgehend vom Porsche 944-Topmodell „Turbo S“ – vorne in Kombination mit Porsche 964-Scheiben. Den direkten Straßenkontakt stellen Toyo Proxes TR-1-Reifen der Dimensionen 195/45R17 und 235/45R17 her, wobei insbesondere die hinteren Gummis ihre Stressfestigkeit bei forschem Gaseinsatz öfters unter Beweis stellen müssen. Aufgezogen sind die Reifen auf Porsche Cup 2-Felgen in 7,0×17 vorne und 9,0×17 Zoll hinten.
17 aus dem Porsche Taycan stammende Akku-Module wurden vorne und hinten im Fahrzeug verteilt. Die Batteriezellen drücken ihren Saft auf direktem Weg in den Hinterachsmotor eines Tesla Model S Performance, welcher mit gegenüber dessen Serienstand leicht erhöhter Spannung läuft. So resultieren eine auf dem Radnabenprüfstand gemessene Leistung von mehr als 600 PS und ein praktisch aus dem Stand anliegendes Drehmoment von gut 700 Nm. Diese Power geht via Porsche 930-Antriebswellen unmittelbar an die Hinterräder, ohne Umweg über ein klassisches Schalt- oder Automatikgetriebe.
Apropos „aus dem Stand“: Bei voller Leistung, jedoch suboptimalen Asphaltbedingungen katapultierte sich der 1303 RS-E bereits in 2,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bei perfekten Streckenbedingungen sollten noch ein bis drei Zehntel weniger drin sein. Die Reichweite des 1303 RS-E beträgt – je nach Fahrweise – zwischen 100 und knapp 250 Kilometern. Geladen wird über eine CCS-Ladebuchse, über die mit einem Adapter alternativ auch handelsüblicher Wechselstrom abgezapft werden kann.
Während Rüdiger Knepper die Hardware des E-Antriebs selbst installierte, legte er die elektronische Einbindung und Steuerung des Elektroantriebs in die Hände des spezialisierten ESDI EV Technologies-Teams rund um Alexander Lührmann, beheimatet in Herford.
Wie das Exterieur mutet auch das Cockpit des Knepper 1303 RS-E relativ seriennah an: Hier fühlen sich Käfer-Fahrer sofort zu Hause. Es fehlen allerdings naturgemäß die Kupplung und der Schalthebel. Statt des letzteren findet sich zwischen den Sitzen ein digitales Bedienpanel für den Elektroantrieb. Die recht bequemen und guten Seitenhalt bietenden Recaro-Sitze stammen aus einem BMW 2002, geheizt wird mittels einer unter der Rücksitzbank installierte E-Heizung.
Das klingt ja glattweg langstreckentauglich, oder? Und ob! Die Reisetauglichkeit seines 1303 RS-E stellte Rüdiger Knepper im vergangenen Mai unter Beweis: Von Rahden aus macht er sich mit vollgepacktem Elektro-Käfer auf einen vierwöchige Roadtrip durch Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal sowie auf dem Rückweg Luxemburg. Der Höhepunkt: Von Sevilla aus setzten Rüdiger Knepper und sein 1303 RS-E mit der Fähre über die Straße von Gibraltar zur marokkanischen Hafenstadt Tanger über und unternahmen von dort aus einen kurzen Ausflug durch Nordafrika. 8.000 Kilometer legte der Elektro-Käfer auf der Reise zurück. Technische Probleme unterwegs? Keine.
Weitere Informationen gibt es direkt bei:
Knepper Bugs & More
Rüdiger Knepper
Carl-Zeiss-Straße 16
32369 Rahden
Tel.: 0160 / 72 37 041
E-Mail: office@knepper-bugs-more.de
www.knepper-bugs-more.de
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